Und es begab sich zu der Zeit, als Geist und Materie noch eine
Einheit bildeten, als die Wesen und Orte, die die Menschen heute nur
noch aus Sagen, Legenden oder Märchen kennen, noch alltäglich waren, als
die alten Götter noch in dem Bewußtsein unter ihren Schützlingen
wandelten, auch nur ein Teil des Einen, des Ganzen zu sein, und als noch
zwei Monde die Welt umkreisten, ohne sich sorgen zu müssen, von
sterblichen Emporkömmlingen beschmutzt zu werden, es begab sich zu jener
Zeit, daß sich die ursprüngliche Energie, die bereits war, bevor die
Zeit anfing zu existieren, sich konzentrierte, um jenen Status Quo
wiederherzustellen.
"N'hour'dao", dieses Wort der alten Sprache beschreibt diesen Zustand,
und keine der Euch bekannten Sprachen kennt ein solches Wort. Wo nichts,
keine Materie in jeglicher Form nachweisbar ist, das kennt ihr als
Vakuum, doch ein Vakuum ist ein gut gefüllter Festsaal im Vergleich zum
N'hour'dao, denn dort gibt es nicht einmal den Gedanken an Materie, es
gibt überhaupt keine Gedanken, schon gar kein Licht und es existiert
keine Zeit.
Wie alles begann, woher der erste Gedanke kam, der das Rad der Zeit in
Bewegung setzte, soll und wird euch auf ewig verschlossen bleiben, denn
das ist der Preis, den ihr zu zahlen hattet, das ist die Strafe, die ihr
zu tragen habt. Niemals werdet ihr erfahren, warum sich die Zahlen der
alten Chroniken nicht mit den Erkenntnissen eurer Forscher decken.
Die Welt hatte ein Zentrum, und in euren Geschichten kennt ihr es unter
1000 Namen...Eden, Avalon...oder wie ich es auch zu nennen pflege:
Atlantis.
Atlantis war überall, doch zugleich unauffindlich, in seinem Zentrum
stand ein Turm aus Gold und Silber, den man niemals umrunden konnte. In
ihm wachten die vier Alten über den gleichmäßigen Lauf des Rads der
Zeit. Es war dort ein Troll, knorriger, als eine 1000-jährige Eiche, der
war Erde, es war dort eine Sylphe, kräftiger als alle Orkane der
Ewigkeit, die war Luft, es war dort eine Sirene, größer als die Ozeane,
die war Wasser und es war dort ein Drache, heißer als alle Vulkane der
Zeit, der war Feuer.
Und alle lebten im Einklang, es gab kein Streben nach Vorherrschaft,
kein Streben nach Macht, denn es war, wie es sein sollte.
Doch die dunkle Energie suchte das schwächste Glied in der Kette der
Schöpfung, und sie fand die Menschen, die da weilten unter all den
anderen Wesenheiten, die in ihrer Vielfältigkeit für Euch nicht mehr zu
begreifen sind.
Und
so begab es sich, daß Es die Welt betrat, Es, das nicht sein konnte und
doch war, Es betrat die Welt und Es suchte die Menschen auf. Kein
anderes Wesen hörte die Worte, die die verdorbene Saat in die Herzen
derer pflanzten, die zuvor ein Teil des Ganzen waren. Den Menschen ward
etwas gegeben, das schärfer war als jedes Schwert und tiefer ging als
jeder Brunnen, zum ersten Mal, seit die Bewegung in die Realität kam,
stand eine Wesenheit auf und war nicht mehr zufrieden mit dem Platz, der
ihr zuteil war. Die Menschen strebten nach Macht, wollten die
Vorherrschaft, ohne sich bewußt werden zu können, warum sie diesen
Willen hatten, denn sie waren auserkoren, die Axt zu sein, die den Baum
der Schöpfung fällt.
Von dort an waren die Dinge nicht mehr so, wie es ihnen bestimmt war, zu
sein. Das große allsehende doch stets stumme Auge im Zentrum des Rads
der Zeit sah zum ersten Male das Entstehen einer Armee. Die Menschen
scharrten sich um den Einen, der in den tiefsten Erinnerungen bis heute
unter 1000 Namen bekannt ist. Auch andere mischten sich unter diesen
Troß, und raubten somit ihrer gesamten Spezies die Zukunft, denn ihre
Namen sollen auf ewig ungenannt bleiben.
Der Tag der Schlacht war wohlgewählt, eine totale Eklipse, Sonne und die
zwei Monde bildeten eine Einheit und die Welt ward in Finsternis
getaucht, als der Sturm auf Atlantis begann. Und obwohl zahlenmäßig wie
auch körperlich unterlegen, hielt die Armee der Menschen blutige Ernte,
denn ihre schlimmste Waffe war gleichzeitig ihr wichtigster Alliant:
Das, was man heute Überraschungseffekt nennen würde, denn keiner der
Verteidiger war fähig, zu begreifen, was geschah.
Sieben Tage und sieben Nächte währte das Blutvergießen, und am dritten
dieser traurigsten aller Tage wendete sich das Blatt des Schlachtfeldes,
doch zu welchem Preis...
Die vier Wächter der Zeit sahen, was geschah und bewirkten eine
Veränderung in dem, was bereits war. Sie konnten nicht alles
reversieren, weil dies das Ende der Schöpfung bedeutet hätte, und sie
waren sich wohl bewußt, daß es genau das war, was Es, das nicht sein
konnte und doch war, eigentlich geplant hatte, als es die Menschen
verdarb. Und so opferten sich die vier ältesten Wesen der Schöpfung
selbst, um zu verhindern, daß sich in der Vergangenheit 13 Menschen der
dunklen Seite anschlossen, 12, die einem einzelnen folgten, und auch
ihre Namen sollten unter 100 Namen auf ewig in den Erinnerungen derer
verbleiben, die folgten. Ich selbst bevorzuge den Namen, den sie in
meiner Heimat später erhielten: Arthus und seine Tafelrundenritter. Sie
formierten die Wesen der Zeit, die war, und Tag für Tag, Nacht für Nacht
schwand die Zahl der dunklen Armee.
Als
das Schlachten beendet war, freute sich niemand ob des Sieges, zum einen
wegen der Opfer, die zu beklagen waren und zum anderen, weil sich alle
bewußt waren, daß die Dinge von nun an nicht mehr so sein würden, wie
sie waren, und wie es ihnen bestimmt war, zu sein.
Und die Trauer um die Toten ward so groß, daß sich einer der beiden
Monde auf ewige Zeiten verdunkelte, und seinerstatt leuchteten von nun
an Sterne am nächtlichen Himmelzelt, für jeden Toten einer, doch der
hellste ward Arthus gewidmet, denn auch er und neun seiner Ritter fanden
hier ihr Ende.
Und obgleich unzählige der menschlichen Spezies in der Zeitspanne, derer
wir noch heute als Woche gedenken, ebenso ihr Leben dahingaben, gelang
vielen die Flucht an Orte, deren Namen ich nicht in den Mund nehmen
will, und dort sammelten sie sich, und auch einige der Unglückseligen,
die glaubten, in den Reihen der Menschen läge die einzige Zukunft,
gesellten sich zu ihnen. Einige der ursprünglichen Wesen vermischten
sich hier mit anderen, und hier liegt die Wurzel der Mischwesen die bis
heute durch die Gedanken der Menschen wandern. Werwölfe und Vampyre, um
Beispiele zu nennen, waren bis dahin eigenständige Wesen, die sich
fortpflanzten wie alle anderen, erst die folgenden halbmenschlichen
Mischwesen mußten töten, um sich zu vermehren.
Doch Es, das nicht sein konnte und doch war, ward sich seiner Niederlage
bewußt und erschien den Menschen ein zweites Mal und er gab den Menschen
eine Waffe, mit der sie nur siegen konnten, denn sie pervertierte die
Schöpfung an sich. Ihr Name hat bis heute Bestand, und bis heute sind
sich die Menschen ihrer Grausamkeit, ihrer Endgültigkeit nicht bewußt.
Und die Waffe ward geheißen Phantasie, die ersten Opfer dieser neuen
Errungenschaft waren die nichtmenschlichen Verbündeten. Die Menschen
hatten nun die einzigartige und bis dahin nicht dagewesene Fähigkeit,
andere Wesen zur Nichtexistenz zu verdammen, mit dem einzigen
Gedankengang: Du bist nicht, denn Du kannst nicht sein, Du bist
lediglich ein Produkt meiner Phantasie. Kein anderes Wesen vermochte,
etwas anzuzweifeln, was es sah.
Nur wenigen der unseligen Verbündeten gelang die Flucht, unter ihnen
eine Vampyrdrachin, die sich auf direktem Wege nach Atlantis machte, um
die zu warnen, die auf der Seite des Lichtes verblieben waren. Der
erste, den sie traf, war einer der verbliebenen drei Tafelrundenritter,
und dieser sollte ihr Schicksal werden.
Der neue Rat von Atlantis, dem das jeweils älteste einer jeden Spezies
angehörte, war sich einig, der Macht der Phantasie nichts entgegensetzen
zu können, und so wurde alle verbliebene Magie der Erde für den letzten
und größten aller Zauber verwendet, der die in den folgenden 12 mal 12
Jahren geborenen nichtmenschlichen Wesen befähigte, in Geistform von
Menschengeneration zu Menschengeneration in menschlichen Körpern
weiterzuexistieren, bis ans Ende der Zeit, bis zur finalen großen
Schlacht, wenn sich all jene, die durch die menschliche Phantasie ihre
Existenz verloren, wiedererheben und dem Schicksal Gestalt geben.
Und 12 Jahre, nachdem Atlantis im brennenden Licht der Phantasie zu
Ruinen der Erinnerung zerfiel, 12 Jahre nach Atlantis Fall, gebar die
Vampyrdrachin, die Atlantis gewarnt hatte, dem Dragoner, dem sie zuerst
begegnet war, im sicheren Schutz des heiligen Ortes, den ihr heute als
Stonehendge kennt, einen Sohn, einen Vampyrdrachen mit menschlichen
Schwächen und Stärken in seinem Inneren. Er sollte später für lange Zeit
den mächtigen Vampyrclan Orkney anführen, doch sein Leben ist eine
andere Geschichte...
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