Es lebte dereinst ein mächtiger Krieger. Er war kräftig, und das
Haupt eines Widders saß auf seinen Schultern. Sein Kampf war ewig und
doch aussichtslos, obwohl er unzählige Siege errang, wußte er, daß er
den Krieg letztendlich verlieren mußte.
Weil er sich dieses niemals eingestehen konnte, zerfraß ihn dieses
Wissen ganz langsam von innen, zermürbte Körper und Geist. Und doch
wollte er niemals aufgeben. Er nahm sich die tapferste und mutigste Frau
zur Seite, die er finden konnte, damit sie seine Ideale weitergeben
könne.
Sie gebar ihm viele Söhne, einige starben früh, nur vier überlebten. Dem
ersten jedoch fehlte der Wille, dem Zweiten der Geist, und dem Dritten
die körperliche Substanz. Als der Vierte geboren wurde, war der
Widderkrieger schon krank und schwach. Doch er sah seinen jüngsten Sohn,
der Körper eines Löwen mit den Schwingen eines Drachen, und er wußte,
wen er gesehen hatte, als er starb.
Seine Frau, nun allein, schaffte es, ihren Sohn den Feinden so lange
vorzuenthalten, bis er sich alleine behaupten konnte. Als seine Zeit
kam, focht der kleine Löwe ebenso tapfer wie sein Vater, und große
Hoffnungen wurden auf ihn gelegt.
Er hatte schon viele wichtige Siege errungen, als er eines Tages einer der
unzähligen Versuchungen, die ihn ständig umgaben, erlag. Das Resultat
war grausam. Bar seiner Waffen, mit zerfetzten Schwingen, sah er sich
dem größten und bösesten schwarzen Drachen konfrontiert, den er jemals
erblickt hatte. Und ebenso schrecklich, wie das Untier anzusehen war,
führte es den Kampf. Doch letztendlich siegte der Löwe, unendlich
erschöpft, dem Tode näher als dem Leben. Er verbrannte den toten Körper
des schwarzen Drachen und zog sich in eine dunkle Höhle zurück.
Er hatte alle Hoffnung verloren, wußte, daß er selbst alles verspielt
hatte. Er schloß die Augen und wollte sie niemals wieder öffnen. Einige
alte und neue Weggefährten gesellten sich zu ihm, versuchten, ihm wieder
Mut zu geben, doch es schien aussichtslos.
Eine grüne Spinne, so unbedeutend, daß der Löwe sie einst mit einem
Blick hätte verbrennen können, spie giftige Säure in eine seiner offenen
Wunden, aus reiner Boshaftigkeit. Doch der Löwe schwieg. Erst eine
kleine graue Katze, welche dem Löwen einige Zeit früher schon mal
begegnet war, schaffte es mit weisen und verständigen Worten, die Augen
des Löwen wieder zu öffnen.
Er blickte von seinem Versteck aus zu dem Ort seines letzten Kampfes und
entdeckte eine dunkelrote Fledermaus, die überaus liebreizend
anzuschauen war. Sie rief ihm wärmende und wohltuende Worte zu, und
lockte ihn somit ganz langsam aus seinem Versteck.
All seine Weggefährten, die diese Fledermaus auch sahen, warnten ihn,
daß dieses Wesen aus der Asche des schwarzen Drachen entstanden wäre,
und daß sie ihn ins Verderben lockte. Doch mit jedem Schritt auf die
Fledermaus zu gewann er an alter Kraft zurück, und spürte zusätzlich
eine neue, bisher noch nicht gekannte Kraft in sich. Als er schließlich
seine Höhle verlassen hatte, wurde er vom Liebreiz der Fledermaus
übermannt, und er hatte das Gefühl, das Licht hätte sich ihm wieder
zugewandt.
Bald jedoch begann die Fledermaus, ihn wieder und wieder zu attackieren,
kleine, und doch schmerzvolle Attacken. Der Löwe glaubte seiner neuen
Freundin, und wies all die Warnungen seiner Weggefährten ab. Nein, er
konnte sich nicht täuschen, diesmal nicht. All die Attacken wären nur zu
seinem Besten, er glaubte dieses wirklich, aber nach und nach betrübten
die neuen Wunden sein Herz, und als ein neuerlicher Stich sein Herz
traf, wurde ihm vor Schmerz rot vor Augen. Er brüllte auf, wischte die
Fledermaus mit einem Prankenhieb beiseite, und benutzte das erste Mal
seit langer Zeit seine Schwingen, er stieg auf, und er spürte wie ein
Feuer der Wut in ihm aufstieg. Doch seine Tränen löschten die Flammen,
bevor sie etwas verbrennen konnten.
So schwebte der Löwe über der Welt und kämpfte zum ersten Mal mit einem
ihm ebenbürtigen Gegner - Ihn selbst. Vom Boden aus betrachtete
ihn eine besorgte silbergraue Wölfin, die als Einzige verstand, worum
der Löwe kämpfte, die als Einzige verstand, was alles vom Ausgang dieses
Kampfes abhängen könnte. "Aber vielleicht", sagte die Wölfin zu sich,
"vielleicht täusche ich mich ja auch..."
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